Psychologie

Äußerlich attraktive Männer und Frauen erscheinen uns klüger, charmanter und erfolgreicher, auch wenn sie in Wirklichkeit nichts zu rühmen haben als Schönheit. Solche Vorlieben machen sich bereits bei einjährigen Kindern bemerkbar und verstärken sich erst mit zunehmendem Alter.

Uns wird oft gesagt: „Beurteile nicht nach dem Aussehen“, „Werde nicht schön geboren“, „Trink kein Wasser aus deinem Gesicht“. Aber Studien zeigen, dass wir bereits 0,05 Sekunden nachdem wir sein Gesicht gesehen haben einzuschätzen beginnen, ob einer Person vertraut werden kann. Gleichzeitig halten die meisten Menschen ungefähr die gleichen Gesichter für vertrauenswürdig – schön. Selbst wenn es um Menschen anderer Rassen geht, sind die Meinungen über ihre körperliche Attraktivität überraschend ähnlich.

Um zu testen, wie Kinder aufgrund ihrer Attraktivität auf Fremde reagieren, Psychologen der Science and Technology University of Hangzhou (China) führten ein Experiment mit 138 Kindern im Alter von 8, 10 und 12 Jahren sowie (zum Vergleich) 37 Studenten durch1.

Die Wissenschaftler erstellten mit einem Computerprogramm Bilder von 200 männlichen Gesichtern (neutraler Gesichtsausdruck, Blick geradeaus gerichtet) und baten Studienteilnehmer zu bewerten, ob diese Gesichter glaubwürdig seien. Einen Monat später, als es den Probanden gelungen war, die ihnen gezeigten Gesichter zu vergessen, wurden sie erneut ins Labor eingeladen, zeigten dieselben Bilder und wurden gebeten, die physische Attraktivität derselben Personen zu bewerten.

Selbst Achtjährige fanden dieselben Gesichter schön und vertrauenswürdig.

Es stellte sich heraus, dass Kinder schon im Alter von 8 Jahren die gleichen Gesichter als schön und vertrauenswürdig empfanden. In diesem Alter können die Urteile über Schönheit jedoch sehr unterschiedlich sein. Je älter die Kinder waren, desto häufiger stimmten ihre Meinungen darüber, wer schön ist und wer nicht, mit den Meinungen anderer Altersgenossen und Erwachsener überein. Die Forscher glauben, dass die Diskrepanz in den Einschätzungen jüngerer Kinder mit der Unreife ihres Gehirns zusammenhängt – insbesondere der sogenannten Amygdala, die hilft, emotionale Informationen zu verarbeiten.

Bei der Attraktivität ähneln sich die Bewertungen der Kinder jedoch eher denen der Erwachsenen. Anscheinend lernen wir schon früh zu verstehen, wer schön ist und wer nicht.

Darüber hinaus entscheiden Kinder oft auch nach eigenen, besonderen Kriterien (z. B. durch äußerliche Ähnlichkeit mit dem eigenen Gesicht oder dem Gesicht eines nahen Verwandten), welcher Person vertrauenswürdig ist.


1 F. Ma et al. «Children's Facial Trustworthiness Judgements: Agreement and Relationship with Facial Attractionness», Frontiers in Psychology, April 2016.

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